Benedikt Wells, hat sein neuestes Buch mit einer ungeheuerlichen Sprachwelt geschrieben. Beim Lesen habe ich oft gedacht, wie kommt ein so junger Autor an so eine weise Sprache.
Er ist 32 Jahre jung und hat seinen ersten Roman, der sehr erfolgreich war, bereits mit 23 Jahren geschrieben.
Nach dem Abitur ging er nach Berlin, um als Schriftsteller zu arbeiten. 4 Jahre musste er Klinken putzen, erhielt nur Absagen, lebte mehr schlecht als recht von diversen Aushilfsjobs. Alle Verlage lehnten seine Manuskripte ab. Er hatte schon alles für eine Auswanderung am kommenden Wochenende vorbereitet, als ein Anruf eines Agenten, dem er ein halbes Jahr vorher seine Manuskripte gegeben hatte, sein Leben veränderte. Der Diogenes Verlag, für den zu schreiben er nur geträumt hatte, nahm ihn unter Vertrag. Der Roman "Vom Ende der Einsamkeit“ ist bereits sein 4. Roman. Er hat mehrere Preise gewonnen.

Die Geschichte handelt von 3 Geschwistern, die durch einen tragischen Autounfall ihre Eltern verlieren.
Herausgerissen aus ihrer heilen Welt, landen sie in einem Internat, in dem sie nach Jahrgängen getrennt aufwachsen. Sie, die vorher eigentlich nur sich hatten, hatten plötzlich fast nichts mehr miteinander zu tun. Jeder ging mit seiner Trauer anders um.
Am Anfang des Buches liegt Jules, der ICH-Erzähler, nach einem schweren Motorradunfall im Krankenhaus. Dem Leser wird nicht klar, wie es zu diesem Unfall  kam. Hatten Suizid-Gedanken eine Rolle gespielt? Er hat viel Zeit, sich über die Vergangenheit Gedanken zu machen.
Wells hat keine chronologische Lebensbeschreibung der drei Geschwister gewählt, er springt nachvollziehbar zwischen den einzelnen Lebensabschnitten hin und her.
Unglücklich im Internat, in dem Jules seine älteren Geschwister vermisst, die sich ihm entfremdet hatten, setzt sich eines Tages Alva zu ihm in die Schulbank. Sie werden bald enge Vertraute, die sich gegenseitig Halt geben.  Bis ins Jugendalter sind sie unzertrennlich, über eine platonische Freundschaft geht es aber nie hinaus, obwohl der Leser mutmaßt, dass Jules sich ein Leben ohne Alva nicht vorstellen kann.
Ausführlich berichtet er über den Lebenswandel seiner beiden älteren Geschwister, deren Entwicklung er einfach nicht versteht. Der Bruder Marty entwickelt sich von einem zwanghaften Nerd in einen erfolgreichen jungen Mann, der im Glücksanspruch bescheiden ist. Zufriedenheit wiegt mehr als das überschäumende Glück. Die Schwester ist exzentrisch und findet nur langsam auf eine ruhige Spur. Jules ist aber der Melancholische, Zögerliche und Ängstliche, der erst nach vielen Umwegen zu sich und seiner großen Liebe findet.

Ein lohnenswertes Buch, das Glück, Trauer, Hoffnungslosigkeit und Hoffnung in sich vereint.

Empfohlen von Lisa Gilljohann

Diogenes Verlag, ISBN: 978-3257069587 Signatur in der Bücherei: Wel – Familie

im Online Katalog der Stadtbücherei