Die Gierigen von Karine Tuil
Ein guter französischer Gesellschaftsroman.
Diesen Roman habe ich einfach nach dem Umschlagstext gekauft, ich kannte weder die Autorin noch hatte ich bisher ein besonderes Interesse für französische Gegenwartsliteratur. Ich fand den Plot interessant und dachte zunächst es handelt sich um eine typische Dreiecksgeschichte zwischen einer Frau und zwei Männern, aber dieser Roman ist viel mehr, er beschreibt den Konflikt, in welchem sich die Hauptfiguren befinden, um ihren Platz in der Gesellschaft zu finden. Er beschäftigt sich mit Enttäuschungen, religiösem Fundamentalismus, Indoktrination, Radikalisierung und hauptsächlich mit dem Streben nach gesellschaftlichem Einfluss, Geld und Anerkennung.
Den Rahmen bildet die Beziehung zwischen Nina, Samuel, die ein Paar sind und Samir.
Samir: Sohn tunesischer Einwanderer
Samuel: Sohn jüdischer zunächst laizistischer Eltern, die dann eine Kehrtwende zum orthodoxen Judentum vollführen.
Nina: ist eine Soldatentochter, die sehr streng erzogen wurde, mit 7 Jahren wurde sie von ihrer Mutter verlassen und ihr Vater wurde Alkoholiker.
Der Maghrebiner Samir ist die tragische Hauptfigur des Romans, im Laufe der Geschichte gibt er sich als Jude aus. Die Figuren enthüllen erst nach und nach in Rückblenden ihren wahren Charakter. Am Anfang ist Samir eher unsympathisch, der Macho eben, der Opportunist, der Lügner, der für Geld alles tut. Aber seine größten Erfolge erringt er als „Opferanwalt“.
Auffällig sind auch die vielen Fußnoten, hier haucht Karine Tuil den Nebenfiguren Leben ein.
Es soll alles hinein, auch religiöser Fanatismus und Terrorismus, genauso wie die Auswirkungen der Antiterrorgesetze in den USA, wie der Patriot Act. So spannend wie ein Krimi, hier wird die Zeitlinie für mich aber etwas unglaubwürdig.
Karine Tuil bewertet nicht, sie beschreibt, sie versucht möglichst viele Aspekte einzubringen, sie ist auch gierig, die Wertung überlässt sie aber dem Leser.
Mir tat Samir am Ende eher Leid. Eigentlich wollte er alles nur richtig machen. „Lerne, arbeiteund integriere dich!“ Vielleicht hat er übertrieben, aber vielleicht ließ ihm die Gesellschaft auch keine andere Wahl?
empfohlen von Dagmar Pärsch-Roos
Karine Tuil, *1972 in Paris, wo sie Jura studierte, Ihre Eltern waren tunesische Einwanderer
jüdischen Glaubens. Sie lebt heute mit ihrem Mann und drei Kindern in Paris direkt an der Seine.
Aufbau Verlag aus dem Französischen übersetzt von Maria Ueberle-Pfaff
in deutscher Übersetzung erschienen 2014
Originaltitel: „L´ínvention de nos vies“
ISBN:978-3-351-03378-1
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